WIRK ZEUG „Warum? Was? Wie? – 3 Fragen für überzeugende Reden“

WIRK ZEUG „Warum? Was? Wie? – 3 Fragen für überzeugende Reden“
02 Mai 2020

Immer noch im Home-office, Friseure öffenen auch ert in ein paar Tagen wieder, Corona bestimmt nach wie vor unseren Alltag und unser Zusammenleben. Wir wissen auch noch nicht, wie es nach dieser Krise weitergeht, welche unserer Kompetenzen besonders gebraucht werden. Und was wir neu dazu lernen müssen.

Eins aber ist sicher: Jeder der etwas erreichen oder verändern möchte, muss Menschen dafür gewinnen, er muss überzeugen. Das wird immer bleiben.

Genau wie es weiterhin so sein wird, dass manche Rednerinnen und Redner das schaffen – und andere nicht.

 Erfolgreiche Redner beantworten bei ihren Auftritten drei Fragen – nämlich die nach dem „Warum?“ dem „Wie?“ und dem „Was?“*

Exemplarisch gut hat das Angela Merkel in ihrer Rede zu den Einschränkungen wegen des Coronavirus im März gemacht. Deshalb zeige ich Ihnen diese Rede  – deren Inhalt überholt scheint – in Ausschnitten.

Und analysiere die Rede mit Hilfe der drei Fragen.

Angela Merkel ist als Rednerin umstritten, viele finden sie langweilig, uninspiriert. Das ist mir zu pauschal geurteilt, ich habe sie auch anders erlebt. Und in ihrer Ansprache am 18. März hat sie mich  – wie gesagt – völlig überzeugt.

Unter anderem, weil sie gleich am Anfang die Frage nach dem Warum? beantwortet. Was treibt jemanden, was ist das Motiv? – das wollen Zuhörer immer wissen. Und was bewegt Merkel  nach den kurz zuvor beschlossenen Einschränkungen, so zur Bevölkerung zu sprechen:

 „Ich wende mich heute auf diesem ungewöhnlichen Weg an Sie, weil ich Ihnen sagen will, was mich als Bundeskanzlerin und alle meine Kollegen in der Bundesregierung in dieser Situation leitet. Das gehört zu einer offenen Demokratie: dass wir die politischen Entscheidungen auch transparent machen und erläutern. Dass wir unser Handeln möglichst gut begründen und kommunizieren, damit es nachvollziehbar wird. Ich glaube fest daran, dass wir diese Aufgabe bestehen, wenn wirklich alle Bürgerinnen und Bürger sie als IHRE Aufgabe begreifen. Deswegen lassen Sie mich sagen: Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.“

Offene Demokratie – das heißt Menschen eine eigene, kritische Einschätzung zuzutrauen.

Angela Merkels Motiv beruht auf ihrer persönlichen Erfahrung, was eine Zwangsgesellschaft von einer offenen Gesellschaft unterscheidet.

„Für jemand wie mich, für die Reise- und Bewegungsfreiheit ein schwer erkämpftes Recht waren, sind solche Einschränkungen nur in der absoluten Notwendigkeit zu rechtfertigen. Sie sollten in einer Demokratie nie leichtfertig und nur temporär beschlossen werden – aber sie sind im Moment unverzichtbar, um Leben zu retten.“

Freiheit, Selbstbestimmung, Verantwortung – das sind Werte.

Und sie sind – nicht nur in diesem Fall – die Antwort auf das Warum. Wenn ein Redner sagen kann, woran er glaubt, was ihn treibt, gewinnt er Gefolgschaft. Nämlich von den Menschen, die an dasselbe glauben.

Aus dem „Warum“ ergibt sich logisch die Antwort nach dem „Was?“ – worum geht es, was sollen die Hörer dieser Rede tun:

 „Es wird weltweit unter Hochdruck geforscht, aber noch gibt es weder eine Therapie gegen das Coronavirus noch einen Impfstoff. Solange das so ist, gibt es nur eines, und das ist die Richtschnur all unseres Handelns: die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, sie über die Monate zu strecken und so Zeit zu gewinnen. Zeit, damit die Forschung ein Medikament und einen Impfstoff entwickeln kann. Aber vor allem auch Zeit, damit diejenigen, die erkranken, bestmöglich versorgt werden können.“

Wir sollen also die Handlung der Regierung nach – und mit vollziehen. Uns so verhalten, dass Zeit gewonnen wird. Zeitgewinn – das ist das Was, darum geht es. Damit alle und nicht nur die ersten oder die reichsten im Fall des Falles von unserem Gesundheitssystem profitieren können.

Fehlt noch die Antwort auf die Frage nach dem „Wie?“ Wie sollen wir uns verhalten, damit Zeit gewonnen wird:

 „Wir können jetzt, entschlossen, alle miteinander reagieren. Wir können die aktuellen Einschränkungen annehmen und einander beistehen. Diese Situation ist ernst und sie ist offen. Das heißt: Es wird nicht nur, aber auch davon abhängen, wie diszipliniert jeder und jede die Regeln befolgt und umsetzt. Wir müssen, auch wenn wir so etwas noch nie erlebt haben, zeigen, dass wir herzlich und vernünftig handeln und so Leben retten. Es kommt ohne Ausnahme auf jeden Einzelnen und damit auf uns alle an.“

Akzeptierend, entschlossen, gemeinsam sollen wir uns verhalten. Sie sehen: auch das sind wieder Werte. Sie haben uns damals, im März, Orientierung für die nächsten Schritte gegeben.

Die Demoskopin und Allensbach-Chefin Renate Köcher fand vor kurzem – ich zitiere aus dem Handelsblatt:

„Der breite Rückhalt für den rigorosen Kurs, der ja nahezu ein vollständiger gesellschaftlicher Konsens war – sehr ungewöhnlich in einer freien und heterogenen Gesellschaft.“ **

Mit zu diesem Konsens hat ganz sicher diese Rede beigetragen. Außerdem vermute ich, dass wir in der kommenden Zeit noch öfter Reden benötigen, die Konsens stiften. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich würde mich freuen, wenn Sie als Führungskraft aus dieser Analyse Nutzen ziehen für Ihre eigene Kommunikation.

„Warum“ steht für den Sinn, das Motiv, das woran Sie glauben.

„Was“ steht für die Handlung, das Produkt, das Angebot und

„Wie“ für die Art und Weise der Umsetzung.

Viel Erfolg und bis zum nächsten Mal.

*Die drei Fragen „Warum?“ „Wie?“ „Was?“ bilden den sogenannten „Goldenen Kreis“, ein Modell das Simon Sinek anhand erfolgreicher Unternehmen zur Inspiration weiterer Unternehmen und ihrer Führungskräfte entwickelt hat.
** Handelsblatt vom 27.04.2020;

Weiterführende Literatur:

Simon Sinek: „Frag immer erst: Warum. Wie Führungskräfte zum Erfolg inspirieren; 8. Auflage 2020; 2014 Redline Verlag

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