WIRK ZEUG „Smalltalk advanced- Tipps für Fortgeschrittene“

WIRK ZEUG „Smalltalk advanced- Tipps für Fortgeschrittene“
04 Mrz 2020

Im letzten WIRK ZEUG ging es um drei Grundlagen von Smalltalk. Echtes Interesse haben, Themen vorbereiten und pfiffige Fragen stellen.

Heute geht es um Schwierigeres. Um Smalltalk mit Menschen, die einem eigentlich nicht liegen, die man aber auch nicht ignorieren sollte.

Einer meiner Kunden hat sich von ganz unten nach oben gearbeitet.

Mit sehr viel Fleiß und Beharrlichkeit. So hat er es bis zum Geschäftsführer einer genossenschaftlichen Einrichtung gebracht. In dieser Funktion muss er natürlich auch repräsentieren. Das kann er, auch Smalltalk kann er inzwischen.

Ins Coaching war er gekommen, weil er seine Präsentationen und seine Gesprächs-Führung mit schwierigen Mitarbeitern verbessern wollte. Da sind wir auf einem guten Weg.

Aber jetzt, vor kurzem, erzählte er, dass er zu einem wichtigen Empfang der Stadt musste. Und weiter:

„Ich gehe jetzt seit drei Jahren zu diesem Empfang. Jedes Mal das gleiche. Wenn ich dort der Bürgermeisterin meines Bezirks begegne, weiche ich ihr aus. Sie merkt das natürlich und andere merken es auch. Ich bin schon gefragt worden, ob wir Streit haben. Haben wir nicht – Ich mag sie einfach nicht. Sie ist Ehrenamtlerin, sie hat nur Repräsentationsaufgaben. Aber führt sich auf, als sei sie die Queen.

Er machte es mir vor:

„Wie sie alle anlächelt. Und mit jedem spricht, als hätte alle Welt nur auf sie gewartet. Alles too much.“

Ich mag diesen Kunden. Mir imponiert, was er aus sich gemacht hat. Gleichzeitig wirkt er immer angestrengt, für ihn gilt vor allem: Leistung und Disziplin.

Ich wollte wissen, wie er denn gerne mit der Bezirksbürgermeisterin umgehen würde, was sein Ziel sei?

Die Antwort fand ich erst mal überraschend.

Er wollte in der Lage sein, locker mit ihr zu plaudern. Ohne diesen inneren Ärger, unverspannt. Souverän.

 „Dann würde ich mich selbst leichter fühlen, irgendwie großzügiger. Das würde mir gefallen.“

Er hatte also den – bisher verborgenen Wunsch – sich auch mal aus dem Korsett aus Ernsthaftigkeit und Anstrengung zu befreien.

Und das war der Punkt, warum er diese Dame ablehnte. Sie erlaubte es sich offenbar, ihre Arbeit mit einem Lachen zu tun. Mit Leichtigkeit. Genau das, was ihm schwerfällt.

Psychologen nennen das eine Projektion.

Wir mögen Menschen nicht, die Dinge tun, die wir uns selbst nicht gestatten.

 Mein Kunde freute sich, dass er das erkannt hatte. Er wirkte ganz erleichtert.

Was war der nächste Schritt?

Wie würde er mit der lachenden Bezirksbürgermeisterin ins Gespräch kommen?

 Ich fragte ihn, was er gut finden könnte, an dem was sie tut. Irgendetwas, das vor seinen kritischen Augen Bestand hätte.

Ihm fiel eine Rede ein, die er von ihr gehört hatte. Darin war ein Satz, ein Zitat, das ihm gefallen hatte. Ich weiß nicht mehr, was es genau war. Ist auch völlig egal. Wichtig war, dass er auf sie zu gehen und ihr für die Rede ein Kompliment machen wollte.

Ich fragte ihn, ob er es wirklich ehrlich meine.

Denn nur, wenn ein Kompliment ehrlich gemeint ist, kommt es auch an.

Ja, er meinte es so. Und – Sie ahnen es schon – im nächsten Coaching hat er erzählt, dass er ein nettes Gespräch mit der Bürgermeisterin geführt hat. Und nach meinem Eindruck gar nichts dagegen hätte, sie bald wieder irgendwo zu treffen.

Also, die beiden Tipps für heute. Bei Menschen, die sie nicht mögen, die aber wichtig für sie sind:

  1. Betreiben Sie Selbstreflektion: macht dieser Mensch etwas, das Sie sich selbst nicht erlauben? Oder gibt es eine Seite an Ihnen, die Ihnen nicht gefällt und die der andere auch hat? Denn so sind wir Menschen. Wir lehnen dann lieber den anderen ab, als uns selbst zu hinterfragen. Aber das kann man ja ändern.
  2. Und das zweite: Überlegen Sie, was Sie an dem anderen gut finden und  formulieren können, vielleicht als Kompliment.

Komplimente sind die Kür des Smalltalks.

Probieren Sie es aus. Schreiben Sie mir, wie es funktioniert hat – ich antworte Ihnen gerne. Bis bald, bis zum nächsten WIRK ZEUG.

Weiterführende Literatur

Gero Teufert: Grundlagen des Small Talk für Dummies.
Das Pocketbuch
https://amzn.to/2IgqU36

Boris von der LindeAnke von der Heyde: Psychologie für Führungskräfte
Verlag Haufe, 2010
https://amzn.to/32Lf4HL

David G Myers: Psychologie
Springer Verlag-Lehrbuch, 10. Auflage, 2014
https://amzn.to/3alL8og

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