WIRK ZEUG Kleinigkeiten

WIRK ZEUG Kleinigkeiten
30 Okt 2019

Es sind die Kleinigkeiten, die entscheiden.
Das gilt – ob es uns gefällt oder nicht – für jedes Gespräch.

Der Grund ist die Arbeitsweise unseres Gehirns.

Stellen Sie sich folgende Situation vor

Ihr Vorgesetzter, sagen wir der Geschäftsführer, hat Sie im Vorbeigehen gebeten, doch mal rasch zu ihm zu kommen; er hätte eine kurze Frage, würde nicht lange dauern. Sie sind selber Chef, sagen wir Bereichsleiter und haben den Schreibtisch voll.

Aber sobald es passt, gehen Sie zu seinem Büro. Die Türe ist offen. Er läuft im Raum auf und ab, das Telefon am Ohr. Er nimmt sie mit einem Blick über die Schulter wahr und winkt Ihnen mit einer ungeduldigen Geste, hereinzukommen und sich zu setzen.

Was jetzt bei Ihnen passiert, wissen wir aus den Forschungsergebnissen der der Neurokommunikation:

Ihr Gehirn zeichnet die gesamte Situation in Sekundenbruchteilen auf. Wie ein rasend schnell gedrehtes Video mit Ton, Geruch und allen anderen Sinneseindrücken.

Im nächsten Schritt scannt ihr Gehirn alle vergangenen Erfahrungen ähnlicher Art. Alle ungeduldigen Gesten, die Ihnen anzeigten, dass Sie etwas tun sollen.

Alle nachlässigen Blicke über die Schulter, die sie abgekriegt haben in ihrem Leben – alles ist gespeichert, alles hat das Gehirn gelernt. So wie man eine Sprache im Lauf des Lebens lernt.

Und – das ist das entscheidende: alles ist mit Emotionen codiert.

Jedes Wort, jede Geste hat einen Emotionswert, der wachgerufen wird, wenn die mentale Suchmaschine im Gehirn vergangene Erfahrungen prüft. Sie tut das, um uns eine Entscheidungshilfe zu geben: gute Erfahrung oder schlechte Erfahrung. Erfahrung wiederholen oder besser nicht.

Wir nehmen das mit unserem Bewusstsein nicht wahr, wir spüren diese Emotionen nicht. Aber sie sind da und beeinflussen unsere Wahrnehmung der Situation und unsere Gedanken.

Was glauben Sie, welche Art Emotionswert hat eine ungeduldige Geste in Ihre Richtung? Negativ oder positiv? Und ein halber Blick über die Schulter? Schlecht oder gut?

Eigentlich klar, oder?

Und wie würden Sie es gedanklich bewerten, wenn jemand Sie so in Empfang nimmt und in dieser Art zum Warten auffordert?

Vielleicht würden Sie denken: Das ist respektlos.

Vielleicht würden Sie aber auch gar nichts denken, weil Sie noch mit ihren eigenen Themen so beschäftigt sind.

Aber das Gehirn hat all die vergangenen Situationen, in denen achtlos mit ihrer Zeit umgegangen wurde, in seinem riesigen Assoziationsnetzwerk angetriggert. Die Situationen zum Beispiel, in denen sie herangewinkt wurden wie ein Schuljunge vom Direktor.

Das wirkt unbewusst auf Ihre Stimmung und Ihre Haltung. Und damit auf das folgende Gespräch. Und auf alle nachfolgenden Gespräche dieser Art. Sie werden keine Lust haben, sich allzu oft dieser Situation auszusetzen.

Machen wir die Gegenprobe:

Ihr Chef sieht Sie, kommt einen Schritt auf Sie zu und sagt gleichzeitig zu seinem Gesprächspartner: „Lassen Sie mich kurz unterbrechen, ich möchte hier jemanden begrüßen.“ Und zu Ihnen: „Nehmen Sie bitte Platz, ich brauche noch eine Minute, dann bin ich bei Ihnen. Danke, dass Sie gekommen sind.“

Das bewirkt eine ganz andere Gestimmtheit, oder?

Schlussfolgerung: Machen Sie es mit Ihren Mitarbeitern besser als Ihr Chef und achten Sie auf die anscheinend so nebensächlichen Dinge.

Denn die Summe der Kleinigkeiten macht das Spiel.

Deshalb meine drei Tipps heute

Erstens:

Machen Sie sich bewusst: Das Gehirn nimmt alles wahr und scannt jedes Wort, jede Geste auf den Emotionswert.

Zweitens:

Nehmen Sie sich Zeit auch für Kleinigkeiten – sie entscheiden mit über den Verlauf eines Gespräches.

Und drittens:

Alte Weisheit, aber immer noch gut: Behandeln Sie Ihre Mitarbeiter so, wie Sie selbst behandelt werden möchten.

Übrigens: meine Kunden schätzen meine direkte und offene Sprache. Ich hoffe, Sie auch. Solange ich Worte mit positivem oder neutralem Emotionswert benutze, muss ich auch keine Sorge haben, dass eine negative Gestimmtheit die Folge ist.

Bis zum nächsten Mal, zum nächsten WIRK ZEUG.

Weiterführende Literatur

Gerhard Bittner, Elke Schwarz: Emotion Selling. Messbar mehr verkaufen durch neue Erkenntnisse der Neurokommunikation. Gabler 2014, 2. Auflage
https://amzn.to/2mfaWyD

Maja Storch, Wolfgang Tschacher: Embodied Communication – Kommunikation beginnt im Körper, nicht im Kopf. Hogrefe 2016, zweite, erweiterte Auflage
https://amzn.to/2kL4jnb

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