Hände weg von meinem Lampenfieber!

16 Mrz 2015
Jeder, der Lampenfieber kennt, hält diesen Aufschrei für absurd. Lampenfieber will man doch loswerden, das Herzklopfen und den flatternden Bauch, die heiße Stirn und die kalten Hände.
Nach meiner Erfahrung sind es gar nicht so wenige, die genau das behalten wollen.
Wie man Lampenfieber loswerden kann, ist inzwischen bekannt, das Internet ist voller Tricks und wirklich guter Ratschläge. Nach meiner Erfahrung helfen suggestive Kommunikation und Selbsthypnose. Also – dem Horrorfilm über Stolpern und Black Out im eigenen Inneren einen stärkenden Erfolgsfilm zur Seite stellen. Das ist alles kein Hexenwerk.
Aber es gibt Menschen, die fest davon überzeugt sind, dass bei Ihnen nichts hilft. Sie haben Recht. Sie sind Perfektionisten und das Lampenfieber ist ihnen ein Freund und Schutzwall.
Einer dieser Perfektionisten, ein Kunde, erzählte mir, dass er nach einer Präsentation vor der Geschäftsführung fix und fertig ist. Verschwitzt, ausgelaugt, er hat das Gefühl jeder könne riechen, was er gerade durchgemacht hat. Das Feedback, das er bekommt, ist regelmäßig gut – keiner bemerkt seinen inneren Kampf.
Also, kann er doch präsentieren und verkauft sich gut? Wozu also die Aufregung? Ja, das sagt er sich selbst – trotzdem schläft er vorher schlecht und horcht ängstlich auf sein Herz, ob es der Anstrengung noch gewachsen ist.
Ich habe ihm gesagt, dass es an der Zeit sei, dem Lampenfieber ein Dankopfer zu bringen. Es leistet ihm ungeahnte Dienste. Wenn er denn wirklich mal bei einer Präsentation einen Fehler macht, würde das Lampenfieber die Schuld auf sich nehmen. Aber weil er regelmäßig gut präsentiert und das auch gesagt bekommt, ist er vor sich selbst ein noch größerer Held. So eine gute Präsentation mit DIESEM Lampenfieber!
Zu meiner Grundausstattung als Coach gehört Geduld. Ich warte, bis dieser Kunde sein Lampenfieber in die freie Wildbahn entlassen kann. Bis dahin erinnere ich ihn zwischendurch immer wieder daran, was sein Freund für ihn tut.