Aussitzen!

Aussitzen!
18 Mai 2015

Die meisten Menschen sagen: Aussitzen – das ist eine ganz negative Eigenschaft. Dabei ist es manchmal falsch, manchmal aber auch genau richtig.


Wenn ich mit Führungskräften zum Thema „wertschätzend Kritisieren“ arbeite, begegnen mir häufig die falschen Varianten des Aussitzens:
 
Eine Führungskraft verschiebt das Kritik – Gespräch mit einem schwierigen Mitarbeiter, weil’s „grad nicht passt“. „Jetzt nicht“, sagt sie sich, ich muss mich erst darauf vorbereiten, ich brauch noch Informationen. Jetzt nicht – dieser Mitarbeiter ist mir unsympathisch, da muss ich mich richtig gut fühlen, um das hinzukriegen. Oder: ich muss noch den Bericht für die Bereichsleitung fertig machen, oder: ich weiß gar nicht, wie ich das so machen soll, dass der nicht gleich wieder komplett einschnappt.
 
Dieses „Jetzt nicht“, geht dann oft so lange, bis der Anlass zur Kritik sich so aufgeschaukelt hat, dass die Angelegenheit eskaliert. Oder der Mitarbeiter/in ganz überzeugt ist, er sollte genau so weitermachen wie bisher – es sagt ja keiner was dazu.
 
Das ist dann das Aussitzen, das allgemein und zu Recht als negativ eingeschätzt wird.
 
Es gibt aber auch Führungskräfte, die das Gespräch aufschieben und diese Zeit im Sinne des Mitarbeiters nutzen. Die sich Gedanken machen darüber, WOZU der Mitarbeiter ein bestimmtes, problematisches oder merkwürdiges Verhalten zeigt. Was will er damit für sich erreichen? Sie sagen sich zum Beispiel: Dieser Mitarbeiter ist doch nicht dumm, wozu macht der immer wieder den gleichen Fehler? Will er auf sich aufmerksam machen? Hat er vor etwas Angst? Will er sich vor etwas schützen?
 
So erreichen sie den Punkt, an dem sie dem Mitarbeiter viele weiterführende Fragen stellen können und mit ihm ein offenes Gespräch führen, in dem ihre Kritik ganz sicher richtig ankommt. Das was sie da tun, sieht von außen genau so aus wie das negative „Aussitzen“, so dass andere im Team schon längst sagen: „ Meine Güte, wann macht der Chef/in denn endlich mal was.“

 

Er macht dann was, wenn die Zeit reif ist, wenn das „Aussitzen“ den richtigen Zeitpunkt herbeigeführt hat. Und das muss ja nicht so lange sein – siehe Foto – bis sich die Balken biegen.

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