Auf den Punkt gebracht

29 Mrz 2016

In seiner langen Amtszeit als Bürgermeister hatte er gelernt, dass gelungene Kommunikation meist darin bestand, den andren reden zu lassen. Wichtig war, die Gedanken in der Zwischenzeit auf etwas Angenehmes zu richten, so dass am Ende des Gesprächs beide Seiten zufrieden auseinander gingen – der eine weil er reden durfte, der andere weil er nicht zuhören mußte.

Im Grunde glich menschliches Sprachverhalten dem Zwitschern der Vögel. Es ging ums Revier oder Balz, weshalb sich 95% der gesprochenen Worte auf die Bedeutungen „ Das gehört mir“ oder „Liebe mich“ reduzieren ließen. Nur die verbleibenden fünf Prozent enthielten echte Informationen. Meistens fanden sie sich am Ende einer Tirade. Ein Profi wusste, wann es soweit war.

Aus: „Unter Leuten“, Juli Zeh, Luchterhand 2016, S. 317

Share